Schon mit dem ersten Band ihrer Wunderfrauen-Trilogie schaffte Stephanie Schuster es im letzten Jahr auf die Spiegel-Bestsellerliste. Jetzt erscheint der heiß erwartete zweite Band, in dem die Pöckinger Autorin ihre Protagonistinnen durch die 60er Jahre begleitet. Ein perfekter Anlass für ein paar persönliche Fragen.
Seeleben: Ganz spontan: Wie hat sich das angefühlt, als du die „Wunderfrauen“ zum ersten Mal auf der Spiegel-Bestsellerliste gesehen hast?
Stephanie Schuster: Freude pur. Der Kopf kommt da zuerst gar nicht so richtig mit. Es ist einfach ein großes Glück, eine Art öffentlicher Anerkennung.
Seeleben: Etliche Frauen fieberten der Fortsetzung der Wunderfrauen entgegen - was glaubst du, macht den Sog der Geschichte aus?
Stephanie Schuster: Ich denke, es liegt vor allem daran, dass viele sich mit den Lebenswegen der vier verschiedenen Frauen identifizieren können. So lese ich das jedenfalls aus den Mails und Briefen, die ich bekomme. Viele haben Flüchtlingszeit oder Wirtschaftswunder selbst noch erlebt oder kennen es aus Familien-Erzählungen und leben es nun im Buch nach. Luise, Annabel, Helga und Marie sind außerdem ganz normale Frauen. Sie sind keine prominenten Heldinnen, sondern Menschen mit echtem Alltag. Ihre authentischen Geschichten und unterschiedlichen Charaktere machen es für jede Frau möglich, sich im Buch wiederzufinden und die Wunderfrau in sich selbst zu entdecken.
Seeleben: Welche Worte aus dem Echo der LeserInnen haben dich besonders gefreut oder berührt?
Stephanie Schuster: Ich freue mich über jeden Satz, der mich erreicht. Manche persönlichen Worte zeigen mir, wie nah die vier Frauen den Leserinnen sind. Das freut mich dann besonders. Eine Leserin schrieb zum Beispiel, dass sie das Buch beim Lesen immer wieder mal aus der Hand legt und über den schön gestalteten Buchumschlag streicht. Diesen liebevollen, sinnlichen Umgang mit einem Buch empfinde ich als besondere Wertschätzung.
Seeleben: Idee und Rahmen der Wunderfrauen-Trilogie hast du in engem Kontakt mit deiner Lektorin entwickelt - sind Frauen generell bessere Teamplayer?
Stephanie Schuster: Damit ein Buch auf den Markt kommen kann, braucht es mehr als eine Autorin. Hinter den Wunderfrauen steht also ein Team aus Verlag, Lektorat und Vertrieb und an dessen Spitze steht tatsächlich eine Gruppe von Frauen. Passenderweise arbeite ich im Verlag mit vier Frauen eng und kreativ zusammen. Aber generell glaube ich nicht, dass Frauen bessere Teamplayer sind. Mir sind im gleichen Maß unangenehme und tolle Männer wie unangenehme und tolle Frauen begegnet. Im Grunde zählt immer jede/r Einzelne. Mein bester und liebster Partner fürs Plotten von Stories ist männlich, es ist mein eigener Mann Thomas.
Seeleben: Apropos Männer und Frauen: Die Trilogie spielt in den 50er, 60er und 70er Jahre, als die bundesdeutsche Frau beruflich wie familiär in vielen Bereichen noch der Entscheidungsgewalt der Männer unterstellt war. Was ist Emanzipation für dich?
Stephanie Schuster: Obwohl das wirklich noch nicht so lange her ist, kommt uns manches heute so vor, als würde es in die graue Vorzeit gehören. Dass Frauen z.B. wenn sie den Führerschein machen oder arbeiten wollten, die Unterschrift des Mannes brauchten und ohnehin nur berufstätig sein durften, wenn sie ihre Haushaltspflichten nicht vernachlässigten. Auch dass Gewalt in der Ehe als reine Privatsache galt und Frauen nicht über ihr eigenes Geld verfügen durften. Beim Recherchieren kam mir das alles nochmal sehr deutlich ins Bewusstsein. Das Ideal von Emanzipation wäre für mich, wenn Männer und Frauen so selbstverständlich gleichberechtigt wären, dass man überhaupt nicht mehr darüber nachdenkt. Das gilt natürlich auch für die Parität in Beziehungen und Ehe. Bei uns war das nie eine Frage, mein Mann hat immer an mich geglaubt – auch in Zeiten, in denen ich an mir gezweifelt habe. Das macht echte Partnerschaft aus: aneinander zu glauben und sich gegenseitig zu stärken.
Seeleben: Mal angenommen, es gäbe eine Fortsetzung der Wunderfrauen-Trilogie, was würde dich mehr reizen: würdest du lieber die Vorgeschichte erzählen oder sie von den Achtzigern bis in die Jetztzeit führen?
Stephanie Schuster: Die Vorgeschichte der vier ist natürlich sehr interessant - wie kamen sie dorthin, wo sie zu Beginn unserer Geschichte standen? Wie haben Luise und Hans sich 1948 kurz nach der Währungsreform kennengelernt? Wie war das, als Helgas Schwester an Kinderlähmung starb? Es wurde ja einiges angerissen; das zu Ende zu erzählen, würde mich reizen. Aber es gibt ja auch noch Band 3, der im Herbst erscheint.
Seeleben: Durch die Corona Pandemie konnte vieles von dem, was eine Buchneuerscheinung sonst begleitet - Buchmesse, Lesungen etc. - nicht stattfinden; wie hat sich das für dich ausgewirkt?
Stephanie Schuster: Für mein Schreiben hat sich nichts verändert, das findet ja als Reise in meinem Kopf statt. Was Lesungen und den Kontakt zu Leserinnen angeht, hat es überraschend positive Entwicklungen gegeben. Die wenigen Lesungen, die im letzten Jahr unter bestimmten Auflagen stattfinden konnten, hatten eine besondere und sehr persönliche Atmosphäre. Das Publikum hat es sehr zu schätzen gewusst, mal wieder eine Veranstaltung besuchen zu können. Und so wurden diese Abende zu kostbaren Erlebnissen. Parallel habe ich verstärkt Online-Formate genutzt und so einen fast noch direkteren Draht zu Lesern herstellen können. Ich konnte mehr Fragen unmittelbar beantworten und via Instagram neue Formate ausprobieren. Für eine Autorin sind das ganz tolle neue Möglichkeiten.
Seeleben: Schönes Stichwort - wir würden dich anlässlich des Erscheinens von Band 2 der Wunderfrauen gerne zum kleinen Seeleben-Event auf Instagram einladen. Würdest du dich virtuell mit uns treffen und uns ein paar Einblicke in dein Schriftstellertum geben?
Stephanie Schuster: Sehr gerne, das macht es noch lebendiger. Wer mag, kann ja auch vorher schon Fragen schicken, dann können wir diese gleich mit aufnehmen.
Seeleben: Wie schön! Dann sagen wir für heute danke und freuen uns darauf, uns bald wieder zu sehen und zu sprechen.