„Fleisch muss nicht um die Welt reisen“

Fleischliebhabern zuzuhören, wie sie über die Herkunft des besten Rindfleischs debattieren, kann sehr amüsant sein oder es kann einen vollends verwirren. Japanisches Kobe-Rind, argentinisches Angus, schottisches Galloway, italienisches Urrind, französisches Charolais ... Können Rinder heimischer Weiden da mithalten? Wir haben einen regionalen Fleisch-Meister befragt.

Seeleben: Herr Lutz, die Rinder, die Sie schlachten und verarbeiten kommen ausschließlich aus einem Umkreis von 45 Kilometern, warum?

Oliver Lutz: Ja, ich schlachte in meinem Betrieb in Pöcking, dort produziere ich auch. Zum einen sollen die Rinder so stressfrei wie möglich zu uns gebracht werden. Dazu ist ein kurzer Transportweg wichtig. Je stressfreier der Transport abläuft, desto besser kann das Fleisch danach reifen. Zum anderen lege ich großen Wert auf Regionalität. Unter Regionalität verstehe ich aber wirklich die direkte Umgebung, in der wir leben, zu der wir auch einen Bezug haben. Ich beziehe die Tiere zum Beispiel aus Pöcking, Pähl, Unering und vom Gut Hartschimmelhof. Der Begriff Regionalität wird für mein Empfinden oft missbraucht, da ist eine Region schon mal ganz Süddeutschland.

Seeleben: Sicher gibt es auch hier unterschiedliche Rassen mit unterschiedlichen Fleisch-Eigenschaften ...

Oliver Lutz: In meinem Betrieb werden überwiegend Simmenthaler Rinder und Kühe geschlachtet. Das ist die Rasse, die bei uns in Oberbayern überwiegend heimisch ist. Sie ist sehr robust und bringt gute Fleischqualität mit einer feinen Marmorierung. Desweiteren kommen noch Galloway-Ochsen, Angus-Ochsen und Pinzgauer-Ochsen zur Schlachtung. Gerade das Gallowayrind ist ein Herdentier, das ganzjährig auf der Weide lebt, sich sein Futter überwiegend selbst sucht und so viel in Bewegung ist. Darum ist sein Fleisch besonders zart und hat durch die ausschließliche Freilandhaltung einen leichten Wildgeschmack. Diese Tiere beziehen wir vom Hartschimmelhof bei Fischen.

Seeleben: Welche Rolle spielt das Futter, und haben Sie im Schulterschluss mit „Ihren“ Bauern Einfluss darauf?

Oliver Lutz: Mir ist der persönliche Bezug zu den Bauern sehr wichtig und ihre Bereitschaft, die Tiere mit größtenteils selbst erzeugtem Futtermittel wie Heu, Gras, Krumet und Graschops zu füttern. Anders als in der Intensivmast, bei der die Tiere überwiegend mit Kraftfutter und Sojaschrot gefüttert werden und dadurch eine frühe Schlachtreife von 14-16 Monaten erlangen, kommen Tiere bei uns erst mit einem Alter von 28-30 Monaten zur Schlachtung. Langsames Wachstum, kohlenhydratreiches Futter und die Bewegung aus der Weidehaltung wirken sich positiv auf die Fleischqualität aus und bringen ein aromatisches Fleisch hervor.

Seeleben: Mit welchen Verfahren oder Methoden geben Sie dem Fleisch den „letzten Schliff“?

Oliver Lutz: Durch die Möglichkeit der eigenen Schlachtung und der räumlichen Voraussetzung kann ich die Tiere im Ganzen nach der traditionellsten Fleischreifung – der Trockenreifung - abhängen lassen. Dies sind in der Regel 2 Wochen. Im Anschluss daran werden die Tiere zerlegt, wobei die Teile aus Schulter und Brustbereich für den Verkauf zugeschnitten werden; Keule und Rücken dürfen weitere 7 Tage am Knochen reifen. Danach wird auch die Keule für den Verkauf zubereitet und der Rücken wird für weitere 2 Wochen in unsere neuen Dry Ager gehängt. Hier handelt es sich um eine eigene Kühlkammer, in der die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit überwacht wird. Die Dry Ager befinden sich im Laden in Pöcking und bieten unseren Kunden die Möglichkeit, der Reifung zuzusehen.

Seeleben: Letzte Frage, über die gerne gestritten wird: Vor der Zubereitung salzen oder später?

Oliver Lutz: Jeder Koch hat hier seine eigene Philosophie. Ich persönlich salze eigentlich erst nach dem Anbraten. Hier bevorzuge ich das grobe Meersalz aus Sylt von Alexander Pape.

>> Metzgerei und Feinkost Lutz, Hauptstr. 26, Pöcking/ Hallberger Allee 1, Tutzing, www.metzgerei-lutz.com