Neues Refugium für lebendige Leselust

Top Sortiment, ein Herz für junge Buchentdecker & tolle Ideen: mit den Kaisers wird die Oskar Maria Graf Buchhandlung zum lebendigen Kulturort

In rasantem Tempo wächst die digitale Welt - haben Bücher überhaupt noch eine Chance? „Aber Ja!“, sind sich die passionierten Büchermenschen Sabine und Andreas Kaiser sicher und machen die neue Oskar Maria Graf Buchhandlung in Berg zu einem Kulturort für sinnliche Büchererlebnisse.

Starnberger Seeleben: Hier und heute einen Buchladen zu eröffnen, ist mutig. Die Online-Konkurrenz ist groß, Berg liegt abseits städtischer Lauffrequenz. Warum das Wagnis?

Andreas Kaiser: Wir sind natürlich nicht blauäugig an das Thema herangegangen. Wir hatten den Plan schon eine ganze Weile. Dass wir dann die Buchhandlung von Dini Kortmann übernehmen konnten, war eine passende Koinzidenz. Der Laden ist etabliert, hat sein Publikum und Berg hat ein sehr gutes, aktives Kulturleben. Wir wohnen nicht weit weg, alles zusammen ergibt räumliche wie inhaltliche Nähe.

Starnberger Seeleben: Diese Nähe spiegelt sich auch im Namen wider?

Andreas Kaiser: Der Name, bot sich ganz logisch an. Mit der Lage gegenüber dem Geburtshaus von Oskar Maria Graf geht es kaum passender. Aber ja, auch hier geht es nicht nur um die räumliche, sondern auch um die inhaltliche Nähe zu seinem literarischen Schaffen.

Starnberger Seeleben: Graf war ein kritischer, heimatverbundener, wacher, poetischer Geist, wurde aber auch unterschätzt. Worin fühlen Sie sich ihm am stärksten verbunden?

Andreas Kaiser: Er war ein Charakter mit Brüchen, jemand, der sich an der Gesellschaft rieb.

Sabine Kaiser: Ich fühle mich auch der Art seines Bayerischseins verbunden. Seiner Heimatliebe, ohne volkstümelnd zu sein, und seinem Humor. Interessanterweise hat meine Oma ihn tatsächlich noch persönlich erlebt.

Starnberger Seeleben: Das ist wirklich interessant, wie das?

Sabine Kaiser: Es ist nur eine kleine Anekdote. Sie kannte ihn aus dem Verlagswesen. Ihr kam die wenig angenehme Aufgabe zu, ihn zu informieren, wenn es wieder mal kein Geld gab. Trotzdem hat sich mir eingeprägt, dass es da eine ganz reale direkte Begegnung gab.

Starnberger Seeleben: In einer eigenen Nische haben Sie ein winziges Oskar Maria Graf-Erlebnismuseum eingerichtet. Gibt es weitere Ideen, ihn thematisch ins Buchhandlungsgeschehen einzuweben?

Andreas Kaiser: Man widmet sich seinem Schaffen hier ja bereits sehr aktiv. Ob im Kulturverein, mit regionalen Publikationen oder immer wieder interessanten Veranstaltungen. Da ergeben sich sicher Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Für kulturelle Vernetzung sind wir immer zu haben.

Starnberger Seeleben: Sie haben sich „mehr Service, mehr Beratung“ auf die Fahne geschrieben. Ein Argument, das immer wieder als Positionierung gegen den Online-Handel fällt – aber was bedeutet das konkret?

Andreas Kaiser: Durch die Buchpreisbindung und Möglichkeit, auch bei uns ohne Zeitverlust bestellen zu können, sind wir mit dem Online-Handel gleichauf. Wo wir anders und näher sind, ist im direkten Gespräch und Erleben. Beratung ist da eigentlich gar nicht der richtige Begriff.

Sabine Kaiser: Ja genau. Wir erleben, wie gern über Bücher gesprochen wird. Was Kunden suchen, und wir bieten, ist echter Austausch. Mit unterschiedlichen Leseerfahrungen, Anregungen, Meinungen und Tipps für neue Entdeckungen.  Es entwickeln sich hier Gespräche in einer Form, wie sie online nicht möglich sind.

Andreas Kaiser: Mit seiner Vorgeschichte und jetzt noch mehr Raum möchten wir den Laden als regionalen Kulturort beleben. Einen Ort, an den man gerne immer wieder kommt.

Starnberger Seeleben: Beleben heißt, dass es auch Veranstaltungen gibt?

Andreas Kaiser: Ja das gehört dazu. Ob Buchvorstellungen, Lesungen, Literatur-Salon – da sind wir noch mitten in der Gestaltung. Ideen haben wir jede Menge.

Starnberger Seeleben: Vor allem die Jugend wollen Sie gern fürs Lesen gewinnen.

Sabine Kaiser: Stimmt, das ist ein besonderer Fokus. Es war toll zu sehen, wie aufmerksam und neugierig die Kinder am Eröffnungstag kamen. Man könnte sagen: ein waches Fachpublikum. Ich war begeistert, was für Fragen sie hatten, welche Lust am Lesen. Wenn dann jemand in der Leseecke im Sitzsack in einem Buch versinkt – ein toller Anblick.

Starnberger Seeleben: Was tun Sie, damit die Lust am Lesen beim jungen Lesepublikum nicht versiegt?

Sabine Kaiser: Wir arbeiten natürlich mit Kindertagesstätten und Schulen zusammen, schließen uns an die Aktionen des Börsenvereins an. Zum Welttag des Buches kommen daher die Viertklässler zu uns ins Haus, zum Schulbeginn gibt es die Erstleser-Tüte.

Andreas Kaiser: Darüber hinaus planen wir, besondere Momente zu schaffen, die jungen Lesern reale, sinnliche Begegnungen mit Büchern ermöglichen. Bei Lese-Nachmittagen zum Beispiel oder mal bei einem Event in der Buchhandlung zu übernachten. Außergewöhnliche Erlebnisse. Auch hier ist die Liste an Ideen lang – aber wir stehen ja gerade erst am Anfang.

Starnberger Seeleben: Erinnern Sie sich noch an das erste Buch, das Sie wirklich nachhaltig, so ganz besonders, beeindruckt hat?

Sabine Kaiser: Hm, da gibt es natürlich einige, aber was mich nachhaltig erschüttert und mit Wucht ergriffen hat, war sicher Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“.

Andreas Kaiser: Bei mir war das J.D. Salingers „Catcher in the Rye“. Aber ich schätze auch Autoren wie Richard Ford, Philip Roth, Paul Auster und Christoph Hein sehr.

Sabine Kaiser, lacht: Das ist ja das Gute, wenn man eine Buchhandlung führt: man muss und darf viel, viel lesen!